31.07.2014   

Die Schule in Altranft

Autor: Karl - Heinz Schwoch mit Unterstützung von Heidi Krebs

Unsere Schule hat für immer Ferien
Unsere Geschichte des Dorfes (Ortschronik) widmet unserer Schule 19 Seiten. Für sie als Leser ist die Schulgeschichte, die Entwicklung der Schule bis zum Neubau der großen Schule ausführlich dargelegt.
Eine Schule in der Gemeinde und die Lehrer hatten stets einen großen Stellenwert. Generationen von Schüler durchliefen diese Bildungseinrichtung. Hier lernten sie lesen, schreiben und rechnen. Die Schulbildung war auch Grundlage für eine Berufsausbildung oder den Besuch einer Mittel- oder Oberschule. Hier ein Zitat:
„Schulbildung ist etwas, das keinem schadet, vorausgesetzt, er macht sich später die Mühe, etwas Ordentliches zu lernen“.
Die Lehrer waren stets geachtet Persönlichkeiten und erfüllten neben ihren Bildungsauftrag andere gesellschaftliche Aufgaben. In Altranft war es überwiegend die Mitarbeit in der Gemeindevertretung und als Standesbeamter. Sie waren Mitglied des Gesangsvereins, im Kriegerverein und oft waren sie in kirchlichen Aufgaben eingebunden.
Ich kann ergänzend zu den geschilderten Abläufen nicht sehr viel beitragen. 1942 wurde ich eingeschult. 1950 endete die Schulzeit und ich begann eine Lehre als Bautischler. Herr Sauer, der Direktor der Schule, Herr Albrecht und Frl. Meier waren bis Sommer 1945 unsere Lehrer. Zum Schuldirektor Sauer gibt es eine Episode. Bei einer Propagandaveranstaltung im Frühjahr 1944 im Dorf soll er gesagt haben, dass er zur Verteidigung der Heimat auch barfuß bis nach Moskau marschieren würde. Eine Ironie des Schicksals, er wurde im Herbst 1944 Soldat, brauchte aber nicht mehr bis Russland marschieren, denn die Russen waren ihm schon bis an die Oder entgegen gekommen. Herr Sauer ist gefallen. Sein Name ist auf der Gefallenentafel in der Kirche.
Im Spätsommer 1944 wurde die Schule als Frontlazarett genutzt. Erst wieder im September/Oktober 1945 war der Schulbetrieb angelaufen.
Die Widrigkeiten an der Schule zogen sich bis 1949/50 hin. Es war für die Organisatoren, für die Lehrer und für uns als Schüler eine sehr schwierige Zeit. Es fehlte an Heizmaterial. Die Klassen waren überfüllt. Stets waren 2 Klassen in einem Klassenraum, es war sehr eng. Schulhefte und Schreibmaterialien waren kaum vorhanden. Es gab einen Ernährungsnotstand. Geeignete Bekleidung fehlte. Viele Schüler waren oft krank.

Über den Verbleib von Lehrer Albrecht gibt es keine Information. Frl. Meier unterrichtete ab Herbst 1945 wie immer die Schulanfänger. Der erste Schuldirektor nach 1945 war Herr Lindzuz. Weitere Lehrkräfte waren Herr Artuschewski, Frl. Will, Frl. Kirstein, Frl. Löden, Frl. Thürling, Frl. Neugebohren, Herr Kunz und Herr Bülow. Es war die Zeit der Neulehrer und Junglehrer.
Herr Kunz kam aus der Gefangenschaft, er wurde Neulehrer und unterrichtet das Fremdsprachenfach Englisch und Erdkunde. 1948 wurde der Englischunterricht eingestellt und das Fach Russisch kam hinzu. Frl. Will, später Frau Seidler, unterrichtete die Schulanfänger. Eine Reihenfolge, wann wer seine Lehrertätigkeit aufnahm, ist nicht mehr herauszuarbeiten. Fakt ist, dass sich der Direktor Lindzuz und der Lehrer Artuschewski nach West-Berlin absetzten. Herr Bülow wurde als Direktor eingesetzt. Ab etwa 1950 begann ein geordneter Schulbetrieb. Sozialistische Schulelemente gewannen an Einfluss. Seit dieser Zeit änderten sich die Einstufung und der Name der Schule häufig. Bis 1948 war unsere Schule eine Grundschule. 1949/50 war sie eine Zentralschule Krs. Oberbarnim, 1951 Hanno Günther Zentralschule Krs. Oberbarnim, 1959/60 Zentrale Oberschule „Hanno Günther“, 1968/69 Hanno Günther Oberschule. 1991/92 war sie wieder Grundschule bis zum letzten Schuljahr 1998/99.
Ich habe mir vorgenommen nicht mit vielen Zahlen die Schulentwicklung und Schulaktivitäten darzulegen aber bei Schulschilderungen kann man sicher nicht ohne Zahlen auskommen, sind sie doch mit Ende unserer Schule umso bedeutsamer.
Eine kleine Bilanz nach dem Aus für unsere Bildungseinrichtung sollte es doch geben. In der alten und neuen Schule waren in den Jahren von etwa 1900 bis 1999 85 Lehrer mit schulpädagogischen Aufgaben betraut. 13 Schuldirektoren standen der Lehrerschaft vor. Leider liegen mir nur von den Schuljahren 1950 bis 1999 die Schülerzahlen vor. Insgesamt durchliefen ca. 1600 Schüler in dieser Zeit die 1. bis teilweise 10. Klasse. Jährlich waren zwischen 251 im Jahr 1950/51 und durchschnittlich um 1980 170 Schüler eingeschult. Ab 1981/82 waren die Schülerzahlen rückläufig so 1985 158 Schüler dann nur noch durchschnittlich 100 Schüler.
Große Freude und Stolz bei den Lehrkräften lösten die Delegierungen von einzelnen Schülern zur Oberschule/Gymnasium aus. Insgesamt verließen seit 1945 ungefähr 60 Schüler die Grundschule Altranft und wechselten zur Oberschule nach Bad Freienwalde. Es ist leider keine gesicherte Zahl. Fast alle Abiturienten nahmen ein Studium an einer Fach –oder Hochschule auf. Bevorzugte Studienrichtungen waren Pädagogik, Medizin, Architektur, Journalismus und Landwirtschaft. Einige Hochschulabsolventen kamen in ihr Heimatdorf zurück und nahmen im Ort oder im Kreisgebiet eine Tätigkeit auf. Eine damals wichtige pädagogische Maßnahme war die außerschulische Ausbildung. Es bestand ein gewisser Zusammenhang zwischen der Pionierarbeit und der Zirkelarbeit. Arbeitsgemeinschaften in ihrer Vielfalt, oft aber Abhängig von den jeweiligen Lehrern, waren gebildet und arbeiteten zielstrebig. Es wurde angestrebt, das jeder Schüler in einer Arbeitsgemeinschaft mitarbeitete. Sinnvolle Freizeit verbrachten die Schüler im Schulchor, im Modelbau, im Schulgarten, im Sport wie Fußball und Leichtathletik, in der Jugendfeuerwehr, als junge Historiker. Beachtlich waren auch die Sammelaktionen zur SERO (Sekundär-Rohstofferfassung) und in Einzelfällen die Haushaltshilfe für alte Menschen. Eine sehr gute Arbeit ist von den jungen Historikern Bärbel Klemer und Heiko Krebs entstanden. Sie schufen in späteren Jahren eine besprochene CD über die Dorfentwicklung Altranft mit ökonomischem Schwerpunkt der LPG. Bärbel Klemer ist Lehrerin. Heiko Krebs war Journalist. Er verstarb leider viel zu früh.
Bei allen Aufzählungen darf nicht vergessen werden, dass es neben den Lehrkräften einer Schule auch die vielen fleißigen Kräfte, wie Hausmeister, Reinigungsfrauen oder auch Küchenkräfte und die unermüdlichen Schulsekretärin für einen unbehinderten Schulbetrieb bei trugen. 7 Hausmeister hatte unsere Schule und 5 Frauen sorgten für die Sauberkeit. Unsere Schule hatte nur eine Schulsekretärin. Heidemarie Krebs war vom 20.01.1965 bis zur Schulschließung am 15.07.1999 die einzige Sekretärin. 34 Jahre hat Frau Krebs die Verwaltungsarbeit der Schule erledigt. Auch in den Ferienzeiten hatte eine Schulsekretärin keine Ferien. Als Verwaltungsangestellte standen ihr 4 Wochen Urlaub zu. Eine Urlaubsvertretung gab es nicht. Der Aufgabenbereich einer Schulsekretärin war sehr vielseitig, an einer Dorfschule noch etwas anders als in einer Stadt. Neben der ursprünglichen anstehenden Büroarbeit, half Frau Krebs auch in den Klassen, so zum Beispiel als Aufsicht bei Klassenarbeiten aus. Sie begleitet erkrankte Schüler zum Bus und informierte die Eltern. Alle außerschulische Aufgeben und Probleme blieben meistens bei ihr hängen.
Wie in so vielen Orten in unserem Altkreis sind durch die Schließung ihrer Schule der Sport und Teile der Kultur auf der Strecke geblieben. Ein Dorf ohne Schule ist ärmer geworden. Der Jugend geht die Dorfbindung verloren. Es fehlen auch die Lehrer die sich unterschiedlich am Dorfleben beteiligten.

Ich danke Frau Heidi Krebs für ihre Unterstützung. Sie hat eine großartige Arbeit geleistet. Die von ihr gefertigten Materialien habe ich kopiert und werde sie in unserem Archiv aufbewahrt.

Zitat:

    Jeder der aufhört zu lesen, ist alt, mag er zwanzig oder achtzig Jahre zählen.
    Jeder der weiter lernt, ist jung, mag er zwanzig oder achtzig Jahre alt sein.
    Henry Ford

 
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