21.11.2000   

Oderbruchkeramik im Wandel der Zeit

Autor: Margit Fürch & Ilka Fielitz
Fachliche Anleitung: Ingeborg Rockstein
Ein Projekt des Vereins "Jugend e.V.", Bad Freienwalde
Projektleiterin Elke Brämer

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II. Einleitung
Bei der Übergabe des Projektthemas war uns zunächst überhaupt nicht klar, wie man mit den Nachforschungen beginnen könnte. Auf alle Fälle aber waren wir hoch motiviert, und voller Optimismus stürzten wir uns in die Arbeit.
Einleitende Gespräche mit Herrn Natuschke, Leiter der Einrichtung des Brandenburgischen Freilichtmuseum Altranft, Frau Griebenow, Kustos der gleichen Einrichtung und Frau Elke Brämer, Projektleiterin, gaben uns erste Anregungen. Wir versuchten uns eine Gliederung zu erarbeiten, um so Stück für Stück dem Ergebnis näher zu kommen. Durch viele Gespräche, Nachforschungen in Museen, Archiven und Kirchenbüchern fügte sich Steinchen an Steinchen zu einem Mosaik zusammen.
Das Bild, das sich am Ende ergab, setzte auch uns in Erstaunen. "Oderbruchkeramik", gibt es die überhaupt?
Im nun folgenden Bericht werden wir alle unsere Ergebnisse darlegen und möchten damit Anregungen für diejenigen geben, die sich für diese Problematik interessieren und eventuell auch selbst weiterverfolgen möchten.

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2. Die Neuzeit
Die Neuzeit entspricht bei der Bearbeitung unseres Themas "dem Beginn der Urbarmachung und der Besiedlung des Oderbruches durch Friedrich den Großen von 1740 bis 1760 bis in unsere Gegenwart". Im Gebiet des Oderbruches entstanden eine Vielzahl von Neusiedlungen, die auf Staatskosten und auf Kosten des damaligen Großgrundbesitzes aufgebaut bzw. finanziert wurden.
Folglich änderten sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der im Oderbruch lebenden Menschen. Der Übergang von der Fischerei zur Acker- und Wiesenwirtschaft wurde vollzogen.
Damit erklärt sich auch, daß sich hier hauptsächlich Bauern niederließen, die von außerhalb kamen (hauptsächlich aus der Pfalz, der Schweiz, Polen, Sachsen u. v. m) und fast keine Töpfer. Diese waren mehr in den Randstädten des Oderbruches wie Wriezen und Freienwalde ansässig.
Aus diesem Grund sahen wir die Kirchenbücher von Freienwalde und Wriezen durch, um den Personenkreis herauszufinden und um näher über ihn berichten zu können.

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2.1 Bad Freienwalde
Aufgrund reichhaltiger Tonvorkommen in unserem Gebiet um Freienwalde und Wriezen ist es nicht verwunderlich, daß sich hier auch Töpfereien ansiedelten.
Beweise dafür liefern uns zahlreiche Scherbenfunde des 13. - 15. Jahrhunderts aus einer archäologischen Grabung in der Grünstraße. Aber auch der sogenannte Pöterberg, der heutige Rosmarinberg, weißt schon vom Namen her darauf hin, daß hier einst Töpfer seßhaft waren und ihrem Handwerk nachgingen. (siehe auch Bad Freienwalde, "Geschichte der Stadt in Einzeldarstellungen" von Rudolf Schmidt)
Leider konnten wir keine Hinweise darüber finden, welcher Töpfer was herstellte. Sicherlich waren es in der Hauptsache Gegenstände des täglichen Bedarfs. Wir vermuten, daß auf grund der Fremdeinflüsse wahrscheinlich die einheimische Töpferei durch die Kachelproduktion mehr und mehr verdrängt wurde. Töpferwaren aus Hessen, Schlesien usw. waren bei der einheimischen Bevölkerung beliebter, da die Qualität dieser Waren besser als die Einheimische war. Es ist bekannt, daß in Wriezen und Freienwalde Firmen existierten, die noch bis nach dem 2. Weltkrieg Kacheln produzierten. Aber auch diese wurde nach und nach eingestellt, es wurde nur noch die Ofensetzerei betrieben.
Die dazu benötigten Kacheln wurden von solchen Firmen wie aus Velten und Meißen bezogen.
Die letzte dieser bekannten Firmen, ist die ehemalige Firma "Schubert" in Freienwalde, die schon Mitte des 19. Jahrhunderts in alten Urkunden erwähnt wird. Der letzte Nachkomme dieser Firma, Herr Klaus Schubert, hat das Geschäft, nachdem er ins Rentenalter eingetreten ist, Herrn Rene Teschner als Geschäftsführer übergeben. Das Geschäft befindet sich noch in der Bahnhofstraße, wo Öfen und Kamine gesetzt werden. Die Firma wird heute unter dem Namen "Schubert & Co" betrieben.

2.1.1 Mittelalterliche Töpfereien in der Grünstraße in Bad Freienwalde

    13. - 15. Jahrhundert
Die Grünstraße liegt am südlichen Rand des mittelalterlichen Freienwalde.
Erst nach 1708 wurde die Stadt in Richtung Süden mit der heutigen Neuen Bergstraße erweitert.
Bei Bauarbeiten in der Grünstraße stieß man immer wieder auf zahlreiche Keramikscherben aus dem 13. - 15. Jahrhundert, ein Zeichen dafur, daß sich hier zahlreiche Töpfereien befunden haben müssen.
So wurde dann auch von Mitte Oktober 1995 - Mitte Februar 1996 eine gründliche archäologische Grabung durchgeführt. Typisch für die Funde waren die blaugrauen Kugeltöpfe, alles Gebrauchsgeschirr und für den Hausgebrauch gedacht. Die Ware war meist unverziert und unglasiert.
Ein sensationeller Fund gelang den Archäologen mit der Ausgrabung zweier Brennöfen aus dem späten 13. / frühen 14. Jahrhundert. Es handelt sich bei den beiden Öfen um sogenannte liegende Öfen, d. h. der Feuerungsraum liegt direkt vor der Brennkammer. Vordem Feuerungsraum befand sich die Aschengrube.

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Zur Arbeit während seiner Lehrzeit und danach sagte uns Herr Bursch folgendes:
Während der Lehre bei Ernst Schubert wurde in dessen Firma einheimischer Ton und auch Sand verwendet. Der Sand wurde hinter dem Schlachthof abgebaut und im Verhältnis 10:2 mit dem Ton vermischt und zu Kacheln geformt.
Der Ton wurde, nach dem er abgebaut war, geschlämmt um ihn von Verunreinigungen zu befreien. 2 - 3 mal pro Jahr wurden 15 Öfen gesetzt und gebrannt.
Nach Einstellung der Tonkachelproduktion wurden nur noch Schamottekacheln gefertigt. Die Tone kamen aus Schlesien, dazu wurden Kapselscherben und Schlämmkreide als Magerung zugesetzt. Alles ging über den Tonschneider, wurde hier zu Ballen vorgeformt und davon sogenannte Blätter abgeschnitten. Diese wurden mit einer Engobenhaut versehen und in Formen zu den eigentlichen Kachelblättern abgepreßt. Anschließend wurde am Rumpf "der Würgel" aufgesetzt und befestigt und die Kachel war fertig. Die Rohstoffe für die Glasur wurden eingekauft und versatzmäßig nach eigenem Rezept zusammengestellt, aufgemahlen und glasierfertig gemacht.
Herr Baarsch stellte uns aus seiner Lehrzeit eine selbstgefertigte Vase zur Verfugung.

Frau Gertrud Grunz, geb. Riedel (Tochter des Ofensetzers Otto Riedel) wohnhaft: Seniorenheim "Stephanusstiftung", Beethovenstraße 21, 16259 Bad Freienwalde
Frau Grunz konnte uns über ihren Vater folgendes berichten: Die Eltern des Herm Otto Riedel sind nach Freienwaide zugezogen. Der Vater, Josef, kam aus Schlesien, und die Mutter, Anna Emma Müller, aus Neutornow. Herr Otto Riedel lernte bei dem Töpfermeister Schulz (Firma Tapp) und arbeitete später bei ihm als Geselle.
1922 kaufte er ein Haus in der Neuen Berg Str. 23 und eröffnete dort, nachdem er 1925 die Meisterprüfung abgelegt hat, ein Ofensetzergeschäft. Bei ihm arbeiteten eine Zelt lang als Ofensetzer Herr Otto Bohm, Herr Dewitz und Herr Gidius. 1944 starb Herr Otto Riedel und da der einzige Sohn im Krieg geblieben war, gab seine Tochter Gertrud das Geschäft auf. Das Haus in der Neuen Bergstraße verkaufte sie aus Altersgründen. Noch immer befindet sich das Handwerkszeichen des Ofensetzers Riedei, ein Kachelofen, an dem Haus.

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2.2.2 Entwicklung der Ofenfabrik Schatte in Wriezen
Der Herr Schatte taucht bereits Ende des 18. Jahrhunderts im Kirchenbuchregister der Stadt Wriezen als Töpfermeister auf. Seine beiden Söhne, Johann Carl, Sohn der ersten Ehefrau, die bei der Entbindung starb, und Friedrich Ferdinand, der Sohn der zweiten Ehefrau, waren ebenfalls Töpfermeister. Ob beide die väterliche Firma übernahmen oder getrennte Wege gingen ist nicht bekannt. Auf alle Fälle wurde die Firma über den Sohn, Johann Carl Hermann weitergefuhrt. Wahrscheinlich schloß sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Firma Schatte mit einem gewissen Koch, auch Töpfermeister, zusammen, die sich aber bereits ca. 1920 wieder trennten. Da keine Nachkommen die Firma weiterführten, übernahm ein gewisser Steckermeier und Linke die Firma. Beide waren ebenfalls Töpfer. Auch diese trennten sich wieder und so führte Herr Steckermeier bis zum Zusammenschluß zur PGH 1956 die Ofenfabrik allein weiter.
In dem Buch von Rudolf Schmidt, "Geschichte der Stadt Wriezen in Einzeldarstellungen", finden wir folgenden Hinweis:
"Am 15.12.1912 feierte der Hoftöpfermeister Carl Schatte (Johann Carl Hermann?) sein 50ig jähriges Meisterjubiläum, bei welcher Gelegenheit ihm der Ehrenmeisterbrief der Handwerkskammer überreicht wurde. Der Töpfergeselle Harendarsky, der am gleichen Tag 40 Jahre bei Meister Schatte arbeitete, wurde ebenfalls besonders ausgezeichnet."
Außerdem ist uns eine Ofenkachel von Herrn Radecke, sowie ein Inserat der Firma Carl Schatte aus dem Wriezener Adreßbuch von 1914 überliefert.

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DANKSAGUNG
Für die freundliche Unterstützung bei der Bearbeitung unseres Projektes wollen wir uns auf diesem Wege bei dem folgendem Personenkreis herzlichst bedanken.
Besonderer Dank gilt in erster Linie dem Arbeitsamt Bad Freienwalde, das die Bearbeitung dieser Projektmaßnahme ermöglicht hat.
Ebenfalls bedanken wir uns bei der Sparkasse Märkisch Oderland in Bad Freienwalde fur die Bereitstellung finanzieller Mittel zum Kauf eines keramischen Holzbrennofens.
In Altranft signalisierte Herr Natuschke und besonders Frau Griebenow stets Hilfsbereitschaft bei Anfragen nach Literatur und Frau Köhn bei der Durchführung der Ausstellung.
Unserer Projektleiterin, Frau Elke Brämer, die stets ein offenes Ohr für uns hatte, mit Hinweisen und mit Rat und Tat zur Seite stand, gilt ein besonderer Dank.
Im Oderlandmuseum unterstützte uns Herr Dr. Reinhard Schmook mit Gesprächen und Tips dahingehend, daß wir oft auf weitere Quellen stießen und diese bearbeiten konnten.
Auch Herr Blaschke vom Heimatmuseum Angermünde ermöglichte uns die Benutzung von Akten und Büchern und die Leihgabe von Ausstellungsstücken der "Greiffenberger Keramik".
Den evangelischen Kirchen, vertreten durch die Pastoren Herrn Moritz aus Wriezen, Herrn Furchert aus Neulewin und Herrn Enseleit aus Neutrebbin, sowie Frau Schröder aus Eberswalde danken wir ganz besonders dafür, daß wir in den Kirchenbüchern Nachforschungen durchführen durften, ebenso Herrn Bondick aus Bad Freienwalde, der dies im Auftrag der Kirche für uns erledigte.
Auch Frau Lämmer, der ehrenamtlichen Betreuerin der Heimatstube in Neulewin, danken wir für die intensive Mitarbeit und für die Leihgabe von Exponaten für unsere Ausstellung, ebenfalls Herrn Rohde aus Kerstenbruch, der uns eine Vielzahl von Exemplaren der "Oderbruchkeramik" zur Verfügung stellte.
Dank auch nicht zuletzt unseren Zeitzeugen, wie:
Herrn Klaus Schubert, Herrn Otto Bohm und Frau Grunz aus Bad Freienwalde,
Herrn Pinnow aus Hohenwutzen,
Herrn Baarsch aus Schiffmühle,
Herrn Radecke und Herrn Prenzlow aus Wriezen
und Frau Maaß aus Eberswalde.
Auch allen nicht genannten Personen möchten wir auf diesem Wege herzlichst danken.

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