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II. Einleitung
Bei der Übergabe des Projektthemas war uns zunächst überhaupt nicht klar, wie man mit den
Nachforschungen beginnen könnte. Auf alle Fälle aber waren wir hoch motiviert, und voller
Optimismus stürzten wir uns in die Arbeit.
Einleitende Gespräche mit Herrn Natuschke, Leiter der Einrichtung des Brandenburgischen
Freilichtmuseum Altranft, Frau Griebenow, Kustos der gleichen Einrichtung und Frau Elke
Brämer, Projektleiterin, gaben uns erste Anregungen.
Wir versuchten uns eine Gliederung zu erarbeiten, um so Stück für Stück dem Ergebnis näher
zu kommen. Durch viele Gespräche, Nachforschungen in Museen, Archiven und
Kirchenbüchern fügte sich Steinchen an Steinchen zu einem Mosaik zusammen.
Das Bild, das sich am Ende ergab, setzte auch uns in Erstaunen. "Oderbruchkeramik", gibt es
die überhaupt?
Im nun folgenden Bericht werden wir alle unsere Ergebnisse darlegen und
möchten damit Anregungen für diejenigen geben, die sich für diese Problematik interessieren
und eventuell auch selbst weiterverfolgen möchten.
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2. Die Neuzeit
Die Neuzeit entspricht bei der Bearbeitung unseres Themas "dem Beginn der
Urbarmachung und der Besiedlung des Oderbruches durch Friedrich den Großen von
1740 bis 1760 bis in unsere Gegenwart". Im Gebiet des Oderbruches entstanden eine
Vielzahl von Neusiedlungen, die auf Staatskosten und auf Kosten des damaligen
Großgrundbesitzes aufgebaut bzw. finanziert wurden.
Folglich änderten sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der im Oderbruch lebenden
Menschen. Der Übergang von der Fischerei zur Acker- und Wiesenwirtschaft wurde
vollzogen.
Damit erklärt sich auch, daß sich hier hauptsächlich Bauern niederließen, die von
außerhalb kamen (hauptsächlich aus der Pfalz, der Schweiz, Polen, Sachsen u. v. m) und
fast keine Töpfer. Diese waren mehr in den Randstädten des Oderbruches wie Wriezen
und Freienwalde ansässig.
Aus diesem Grund sahen wir die Kirchenbücher von Freienwalde und Wriezen durch, um
den Personenkreis herauszufinden und um näher über ihn berichten zu können.
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2.1 Bad Freienwalde
Aufgrund reichhaltiger Tonvorkommen in unserem Gebiet um Freienwalde und Wriezen ist
es nicht verwunderlich, daß sich hier auch Töpfereien ansiedelten.
Beweise dafür liefern uns zahlreiche Scherbenfunde des 13. - 15. Jahrhunderts aus einer
archäologischen Grabung in der Grünstraße. Aber auch der sogenannte Pöterberg, der heutige
Rosmarinberg, weißt schon vom Namen her darauf hin, daß hier einst Töpfer seßhaft waren
und ihrem Handwerk nachgingen. (siehe auch Bad Freienwalde, "Geschichte der Stadt in
Einzeldarstellungen" von Rudolf Schmidt)
Leider konnten wir keine Hinweise darüber finden, welcher Töpfer was herstellte.
Sicherlich waren es in der Hauptsache Gegenstände des täglichen Bedarfs. Wir vermuten, daß
auf grund der Fremdeinflüsse wahrscheinlich die einheimische Töpferei durch die
Kachelproduktion mehr und mehr verdrängt wurde. Töpferwaren aus Hessen, Schlesien usw.
waren bei der einheimischen Bevölkerung beliebter, da die Qualität dieser Waren besser als
die Einheimische war.
Es ist bekannt, daß in Wriezen und Freienwalde Firmen existierten, die noch bis nach dem 2.
Weltkrieg Kacheln produzierten. Aber auch diese wurde nach und nach eingestellt, es wurde
nur noch die Ofensetzerei betrieben.
Die dazu benötigten Kacheln wurden von solchen Firmen wie aus Velten und Meißen
bezogen.
Die letzte dieser bekannten Firmen, ist die ehemalige Firma "Schubert" in Freienwalde, die
schon Mitte des 19. Jahrhunderts in alten Urkunden erwähnt wird. Der letzte Nachkomme
dieser Firma, Herr Klaus Schubert, hat das Geschäft, nachdem er ins Rentenalter eingetreten
ist, Herrn Rene Teschner als Geschäftsführer übergeben. Das Geschäft befindet sich noch in
der Bahnhofstraße, wo Öfen und Kamine gesetzt werden. Die Firma wird heute unter dem
Namen "Schubert & Co" betrieben.
2.1.1 Mittelalterliche Töpfereien in der Grünstraße in Bad Freienwalde
Die Grünstraße liegt am südlichen Rand des mittelalterlichen Freienwalde.
Erst nach 1708 wurde die Stadt in Richtung Süden mit der heutigen Neuen Bergstraße
erweitert.
Bei Bauarbeiten in der Grünstraße stieß man immer wieder auf zahlreiche
Keramikscherben aus dem 13. - 15. Jahrhundert, ein Zeichen dafur, daß sich hier
zahlreiche Töpfereien befunden haben müssen.
So wurde dann auch von Mitte Oktober 1995 - Mitte Februar 1996 eine gründliche
archäologische Grabung durchgeführt. Typisch für die Funde waren die blaugrauen
Kugeltöpfe, alles Gebrauchsgeschirr und für den Hausgebrauch gedacht. Die Ware war
meist unverziert und unglasiert.
Ein sensationeller Fund gelang den Archäologen mit der Ausgrabung zweier Brennöfen
aus dem späten 13. / frühen 14. Jahrhundert. Es handelt sich bei den beiden Öfen um
sogenannte liegende Öfen, d. h. der Feuerungsraum liegt direkt vor der Brennkammer.
Vordem Feuerungsraum befand sich die Aschengrube.
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Zur Arbeit während seiner Lehrzeit und danach sagte uns Herr Bursch folgendes:
Während der Lehre bei Ernst Schubert wurde in dessen Firma einheimischer Ton und auch
Sand verwendet. Der Sand wurde hinter dem Schlachthof abgebaut und im Verhältnis 10:2
mit dem Ton vermischt und zu Kacheln geformt.
Der Ton wurde, nach dem er abgebaut war, geschlämmt um ihn von Verunreinigungen zu
befreien. 2 - 3 mal pro Jahr wurden 15 Öfen gesetzt und gebrannt.
Nach Einstellung der Tonkachelproduktion wurden nur noch Schamottekacheln gefertigt.
Die Tone kamen aus Schlesien, dazu wurden Kapselscherben und Schlämmkreide als
Magerung zugesetzt. Alles ging über den Tonschneider, wurde hier zu Ballen vorgeformt und
davon sogenannte Blätter abgeschnitten. Diese wurden mit einer Engobenhaut versehen und
in Formen zu den eigentlichen Kachelblättern abgepreßt. Anschließend wurde am Rumpf
"der Würgel" aufgesetzt und befestigt und die Kachel war fertig. Die Rohstoffe für die Glasur
wurden eingekauft und versatzmäßig nach eigenem Rezept zusammengestellt, aufgemahlen
und glasierfertig gemacht.
Herr Baarsch stellte uns aus seiner Lehrzeit eine selbstgefertigte Vase zur Verfugung.
Frau Gertrud Grunz, geb. Riedel (Tochter des Ofensetzers Otto Riedel)
wohnhaft: Seniorenheim "Stephanusstiftung", Beethovenstraße 21, 16259 Bad
Freienwalde
Frau Grunz konnte uns über ihren Vater folgendes berichten: Die Eltern des Herm Otto Riedel sind
nach Freienwaide zugezogen. Der Vater, Josef, kam aus Schlesien, und die Mutter, Anna Emma
Müller, aus Neutornow. Herr Otto Riedel lernte bei dem Töpfermeister Schulz (Firma Tapp) und
arbeitete später bei ihm als Geselle.
1922 kaufte er ein Haus in der Neuen Berg Str. 23 und eröffnete dort, nachdem er 1925 die
Meisterprüfung abgelegt hat, ein Ofensetzergeschäft. Bei ihm arbeiteten eine Zelt lang als Ofensetzer
Herr Otto Bohm, Herr Dewitz und Herr Gidius. 1944 starb Herr Otto Riedel und da der einzige Sohn
im Krieg geblieben war, gab seine Tochter Gertrud das Geschäft auf. Das Haus in der Neuen
Bergstraße verkaufte sie aus Altersgründen. Noch immer befindet sich das Handwerkszeichen des
Ofensetzers Riedei, ein Kachelofen, an dem Haus.
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2.2.2 Entwicklung der Ofenfabrik Schatte in Wriezen
Der Herr Schatte taucht bereits Ende des 18. Jahrhunderts im Kirchenbuchregister der Stadt
Wriezen als Töpfermeister auf. Seine beiden Söhne, Johann Carl, Sohn der ersten Ehefrau, die
bei der Entbindung starb, und Friedrich Ferdinand, der Sohn der zweiten Ehefrau, waren
ebenfalls Töpfermeister. Ob beide die väterliche Firma übernahmen oder getrennte Wege
gingen ist nicht bekannt. Auf alle Fälle wurde die Firma über den Sohn, Johann Carl Hermann
weitergefuhrt. Wahrscheinlich schloß sich Anfang des 20. Jahrhunderts die Firma Schatte mit
einem gewissen Koch, auch Töpfermeister, zusammen, die sich aber bereits ca. 1920 wieder
trennten. Da keine Nachkommen die Firma weiterführten, übernahm ein gewisser
Steckermeier und Linke die Firma. Beide waren ebenfalls Töpfer. Auch diese trennten sich
wieder und so führte Herr Steckermeier bis zum Zusammenschluß zur PGH 1956 die
Ofenfabrik allein weiter.
In dem Buch von Rudolf Schmidt, "Geschichte der Stadt Wriezen in Einzeldarstellungen",
finden wir folgenden Hinweis:
"Am 15.12.1912 feierte der Hoftöpfermeister Carl Schatte (Johann Carl Hermann?) sein 50ig
jähriges Meisterjubiläum, bei welcher Gelegenheit ihm der Ehrenmeisterbrief der
Handwerkskammer überreicht wurde. Der Töpfergeselle Harendarsky, der am gleichen Tag
40 Jahre bei Meister Schatte arbeitete, wurde ebenfalls besonders ausgezeichnet."
Außerdem ist uns eine Ofenkachel von Herrn Radecke, sowie ein Inserat der Firma Carl
Schatte aus dem Wriezener Adreßbuch von 1914 überliefert.
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DANKSAGUNG
Für die freundliche Unterstützung bei der Bearbeitung unseres Projektes wollen wir uns auf
diesem Wege bei dem folgendem Personenkreis herzlichst bedanken.
Besonderer Dank gilt in erster Linie dem Arbeitsamt Bad Freienwalde, das die Bearbeitung
dieser Projektmaßnahme ermöglicht hat.
Ebenfalls bedanken wir uns bei der Sparkasse Märkisch Oderland in Bad Freienwalde fur die
Bereitstellung finanzieller Mittel zum Kauf eines keramischen Holzbrennofens.
In Altranft signalisierte Herr Natuschke und besonders Frau Griebenow stets Hilfsbereitschaft
bei Anfragen nach Literatur und Frau Köhn bei der Durchführung der Ausstellung.
Unserer Projektleiterin, Frau Elke Brämer, die stets ein offenes Ohr für uns hatte, mit
Hinweisen und mit Rat und Tat zur Seite stand, gilt ein besonderer Dank.
Im Oderlandmuseum unterstützte uns Herr Dr. Reinhard Schmook mit Gesprächen und Tips
dahingehend, daß wir oft auf weitere Quellen stießen und diese bearbeiten konnten.
Auch Herr Blaschke vom Heimatmuseum Angermünde ermöglichte uns die Benutzung von
Akten und Büchern und die Leihgabe von Ausstellungsstücken der "Greiffenberger Keramik".
Den evangelischen Kirchen, vertreten durch die Pastoren Herrn Moritz aus Wriezen, Herrn
Furchert aus Neulewin und Herrn Enseleit aus Neutrebbin, sowie Frau Schröder aus
Eberswalde danken wir ganz besonders dafür, daß wir in den Kirchenbüchern
Nachforschungen durchführen durften, ebenso Herrn Bondick aus Bad Freienwalde, der dies
im Auftrag der Kirche für uns erledigte.
Auch Frau Lämmer, der ehrenamtlichen Betreuerin der Heimatstube in Neulewin, danken wir
für die intensive Mitarbeit und für die Leihgabe von Exponaten für unsere Ausstellung,
ebenfalls Herrn Rohde aus Kerstenbruch, der uns eine Vielzahl von Exemplaren der
"Oderbruchkeramik" zur Verfügung stellte.
Dank auch nicht zuletzt unseren Zeitzeugen, wie:
Herrn Klaus Schubert, Herrn Otto Bohm und Frau Grunz aus Bad Freienwalde,
Herrn Pinnow aus Hohenwutzen,
Herrn Baarsch aus Schiffmühle,
Herrn Radecke und Herrn Prenzlow aus Wriezen
und Frau Maaß aus Eberswalde.
Auch allen nicht genannten Personen möchten wir auf diesem Wege herzlichst danken.
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