28.02.2015   

So wuchs unsere Gemeinde

Autor: Karl - Heinz Schwoch

Unsere Gemeinde Altranft war bis Kriegsende 1945 geprägt durch das Gut, das überwiegend im unteren Dorf teil angesiedelt war. In den zum Gut gehörenden Wohnhäusern wohnten und lebten auch die Familien der Gutsarbeiter. Um den Dorfplatz befanden sich die meisten Bauernwirtschaften. Im sogenannten Oberdorf wohnten und lebten Arbeiter, Handwerker, Angestellte und kleine Gewerbebetreibende sowie auch Rentner und Kriegsveteranen des 1. Weltkrieges. Das Dorf wurde von den Bewohnern in Oberdorf und Unterdorf geteilt. Mit Kriegsende ist diese Einteilung verschwunden. Eine kommunale Bedeutung bestand sowieso nicht. Unser Dorf war zu diesem Zeitpunkt baulich überschaubar. Seine Ausmaße waren von Ost nach West zirka 500 m und von Nord nach Süd zirka 1000 m lang. Die Häuser waren meistens, stabile aus Mauersteinen, aber auch aus Feldsteinen gebaut.
Im Jahr 1944 zeichnete sich eine beginnende bauliche Veränderung ab. Aus den Kriegsgebieten Ostpreußen und Schlesien und Monate später auch aus Königsberg und Pommern kamen die Flüchtlinge und Heimatvertriebene in die Mark Brandenburg. Eine heillose Überfüllung aller Wohnhäuser war die Folge. Ein Programm des Behelfsheimbaus wurde in vielen Gemeinden aufgelegt. Kleine massive Wohnunterkünfte wurden auch in Altranft gebaut. 5 dieser kleinen Befehlsheime entstanden auf der linken Seite des Mühlenwegs. Im Volksmund damals auch Blitzbauten genannt. Sie wurden in wenigen Tagen errichtet. Es gab diese Behelfsheime in 2 Varianten. Eine hatte Pultdach und die andere ein Satteldach, die vorhandene Wohnfläche war davon nicht betroffen.Bereits 1946 begann ein weiteres Bauprogramm zu wirken. Diese Kernbauten sollten den Neusiedlern als Wohnobjekte und Stalllung dienen. Es zeigte sich aber sehr schnell, dass diese kleinen Häuser auch für eine kleine Landwirtschaft ungeeignet waren. In der langen Wiese wurden 3 Kernbauten und im Mühlenweg 4 dieser kleinen Häuser errichtet.

Schlossstraße um 1965 Heerstraße um 1965

Mit Jahresbeginn 1947 gab es ein weiteres Bauprogamm, das den bäuerlichen Ansprüchen gerechter wurde. Von diesen Wohnhäusern wurden 19 in Altranft errichtet. Sie unterscheiden sich nur an der Dachform. Die meisten Häuser wurden mit einem Dachüberstand und einige mit einem Simsdach errichtet. Das Haus Hoffmann in der Poststraße sowie das Wohnhaus ehemals Matthies in der von Hackestraße weichen etwas von der vorgegebenen Größe ab. Die meisten sind jedoch nur noch von außen in ihrer ursprünglichen Form zu erkennen. Keines dieser Häuser wird noch als landwirtschaftliches Objekt genutzt.
Mit dem Bau dieser Häuser erweiterte sich der Dorfumfang. Als eines der ersten fertiggestellten Wohnhäuser, ein Einfamilienhaus, war das von Paul Papenfuß im Mühlenweg. Es gab dann einige Um-und Erweiterungsbauten, so erfolgte die Lückenschließung zwischen Schwarz und Zernickow, der Anbau Böttcher, Anbau bei Quasdorf, Fachwerkbau Neise, Neubau Dame, Umbau Poggemüller und der Anbau Bell, sowie die Fassadengestaltung Stange und die in der Chronik erwähnten 3 Neubauten der MTS in der Schneiderstasse. Mit diesen unterschiedlichen Baumaßnahmen ist die Ursprünglichkeit der Schneiderstraße gründlich verändert. Eigentlich wurde im Dorf in den zurückliegenden Jahren immer gebaut. Ich denke an die Baumaßnahmen der LPG, die Entstehung von betrieblichen Anlagen und das Wachsen von Eigenheimen. In den 60-ziger Jahren wurde der Rotdornweg beiderseitig bebaut. Passable Häuser mit individuellem Charakter wurden errichtet. Der Sonnenburger Weg hat einen regelrechten Bauboom erfahren. Auf der einstigen Fläche der Gärtnerei sowie auf der rechten Seite des Sonnenburger Weges wurden zahlreiche Einfamilienhäuser mit Nebengebäude und Gärten, keines gleicht dem Anderen, gebaut. In den 90.-ziger Jahren erhielt Altranft ein Gewerbegebiet am Dorfende in östlicher Richtung. Die Gewerbeansiedlung erfolgte schleppend dennoch sind Gewerbe und Betriebe vorhanden. Auch eine beachtliche Anzahl an Baugrundstücken wurde angeboten.
Zu moderaten Preisen konnten Bauwillige eine Parzelle erwerben und ihr Traumhaus bauen. Ich habe die neu gebauten Häuser nicht gezählt, es sind aber bereits mehr als der alte Baubestand unserer Gemeinde aufwies. Altranft hat sich also verdoppelt. Das gilt aber nur für die Bausubstanz. Die Einwohnerzahl hat sich nicht wesentlich erhöht. In der Zeit bis etwa 1960 lebten in einer Wohnung durchschnittlich 5-6 Personen. Heute wohnt oft ein Ehepaar in einem Einfamilienhaus. Das ist sicher die Ausnahme aber dennoch sind selten mehr als 4 Personen in einem Haus wohnhaft.
Die Kriegsschäden an Wohngebäuden in Altranft waren nicht groß. 3 Häuser wurden zerbombt bzw. brannten nieder. Es waren das Rohrhaus Nr. 3 früher Dorfstraße, am Dorfanger, bewohnt vom der Familie Franke. Herr Franke war Schmied auf dem Gut. Das Wohnhaus von Kopsch/Zander war nicht mehr bewohnbar und das Einfamilienhaus Neumann in der Poststraße war ausgebrannt.

Schnitterkaserne um 1975

Es gab natürlich weiter Schäden an Gebäuden, Scheunen und Stallungen. In den zurückliegenden Jahren wurden nur einige wenige Häuser abgerissen. Ihre Instandsetzungskosten übertrafen oft den eigenen Wert.
Kurz einiges zur Geschichte der Kernbauten.
Es war der erste Typ von Neubauten, um die dringlichsten Mängel an Wohnraum für die Neubauern zu beheben. 24 pm Wohnraum und 15 pm Stallraum waren in einem Kernbau enthalten. Die Konstruktion erlaubte auch gewisse Veränderungen, so zum Beispiel einen kleineren Stall-Anbau zu Gunsten einer weiteren Wohnfläche. Es gab aber auch Kernbauten ohne Stallteil, wodurch natürlich eine noch größere Wohnfläche vorhanden war. Die Gesamtkosten beliefen sich auf ca. 5000 M wovon 4000 M mit einem Staatskredit abgedeckt wurden. Die sichtbare Verbesserung der wirtschaftlichen Lage machte es möglich, einen größeren Neubautyp zu bauen. Angeboten waren 45 pm Wohnfläche mit Dachausbau und Unterkellerung sowie einen Stallanbau mit weiteren 45 pm. Dieser Bautyp, auch ein Kernbau, er wurde überwiegend gebaut.
Zu beachten bleibt, dass in der damaligen Zeit kaum ein Haus ein Bad oder Innentoilette hatte. Eine Hauswasserversorgung oder gar Wasserleitung gab es auch nicht. Das Plumpsklo und die Wasserpumpe für mehrere Häuser, in einzelnen Fällen schon auf dem eigenen Hof, waren die gängige Praxis. Häufig gab es nur an gewissen Stellen eine zentrale Wasserpumpe. Das notwendige Wasser musste in Wassereimern für den täglichen Bedarf geholt werden.
Ein großer Mangel bei den Behelfsheimen und den ersten Kernbauten war das Heizungsproblem. Die Behelfsheime hatten nur einen einzügigen Schornstein und somit gab es nur eine Feuerstelle. Die Kernbauten waren etwas besser gebaut. Hier war es möglich, zwei Feuerstellen zu betreiben. Die Wohnküche hatte den Kochherd und ein Zimmer mit Ofen war machbar.
Die Winter in den 40-ziger Jahren waren doch kälter, als die Wintermonate, wie wir sie jetzt erleben. Wer baute in Altranft die hier beschriebenen Häuser? In den Jahren 1944 bis etwa 1950 gab es den Maurermeister Herrn Biesel. Später waren der Maurer Herr Knospe und der Maurermeister Herr Raabe die Akteure. Bei den großen Kernbauten halfen die Bauherrn und die ganze Familie beim Neubau und später beim Innenausbau mit. Die Materialbeschaffung war oft ein nicht zu schaffendes Problem. Es gab mit der Baugenehmigung gewisse Kontingente an einzelnen Materialien, wie Mauersteine, Kalk, Zement und Holz. Vieles musste privat besorgt werden. Die VdgB –Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe- half nach Kräften.
Der Baukredit, meistens von der Raiffeisenbank vergeben, betrug die damals stolze Summe von 12000 M. Etwa 6000 M musste der Neubauer noch für einen bewohnbaren Innenausbau drauflegen. Bei den damaligen Einkommen war das eine beachtliche Summe. Die Kreditabzahlung war langfristig festgelegt und betrug nur 1% der Kreditsumme, hinzu kamen aber noch die Zinsen für den Kredit so zum Beispiel für den Innenausbau.
Unsere Behelfsheime am Mühlenweg waren seit ihrer Fertigstellung immer bewohnt. Vielfältig wurden in den Jahren Um-und Anbauten vorgenommen aber einzelne Strukturen von ihrer Ursprünglichkeit sind noch heute zu erkennen. Bei den Kernbauten war es nicht anders, auch hier wurden je nach Besitzer und Geldbeutel zahlreiche Verbesserungen vorgenommen.
Frau Ulla Mittelstädt, sie ist Zeitzeugin, bewohnte Kurzzeitig einen Kernbau in der langen Wiese. Sie erzählte mir, wie sie und ihr Ehemann Alfred den Versuch wagten, in einem eigenen Haus zu leben. 1953 zogen sie ein. Sie hatten geheiratet und ihr erstes Kind war unterwegs.
Als junges Ehepaar hatten sie praktisch keinen Hausstand. Es fehlte eigendlich an allem. Einige Möbelstücke ließen sie anfertigen. Der gesamte Hausrat musste besorgt werden, irgendwie ist es auch gelungen. In der damaligen Zeit war von den Eltern keine große Hilfe zu erwarten. Sie sagte, es war eine sehr schwere Zeit des Anfangs aber wir waren jung, gesund und voller Idealismus.
In den Wintermonaten zeigte sich, wie schwierig es war in einem Kernbau dieser Bauart zu wohnen. Reif war an den Wänden. Die Küche hatte als einziger Raum eine Feuerstelle. Es war unmöglich, einige Plusgrade im Wohnzimmer zu bekommen. Ein kleiner Ofen wurde aufgestellt. Ein einigermaßen erträgliches Wohnen war so möglich. Wasser für den täglichen Gebrauch gab es nur bei den Nachbarn. Sie hatte eine Pumpe. Klar war, dass sie unter diesen Wohnbedingungen kein Kind zur Welt bringen kann. In den Anfang 50-ziger Jahren waren Hausgeburten noch üblich. Sie erhielten rechtszeitig von der Gemeinde eine kleine aber bessere Wohnung.
Die Familie Mittelstädt wohnte noch einige Jahre in verschiedenen Mietswohnungen bis sie ein kleines Grundstück erwarben.
Nach der Wende, in den Jahren 1990 und danach fand im Bereich der Landwirtschaft ein Umbruch statt. Die LPG und später die Agragenossenschaft lösten sich auf und andere Nutzer übernahmen die landwirtschaftlichen Ackerflächen. Zwei Holländer bewirtschaften große ehemalige LPG Flächen sowie den Zweig der Tierproduktion. Die Bauernwirtschaft, ehemals Kleemann – als Familienbetrieb. Einige Ackerflächen bewirtschaften andere Pächter. Die drei genannten Landwirte sind die einzigen Bauern in Altranft. Einige Ackerflächen bewirtschaften andere Pächter.
Sichtbare Veränderungen gibt es im Bereich von Gewerbe und Handwerk. Das ausgewiesene Gewerbegebiet wurde angenommen und eine zunehmende Nutzung kann festgestellt werden. Wesentlich schlechter steht es mit der Versorgung im Dorf. Bis zum Kriegsende 1945 gab es noch 8 Lebensmittelläden. Zwei Gärtnereien sorgten für Frisch-Gemüse und Obst. In den Nachkriegsjahren reduzierten sich die Lebensmittelverkaufsstellen aus unterschiedlichen Gründen. Bis zur Gründung der DDR waren noch 4 Läden offen. Bis zur Wende 1989/90 waren der Konsum und die kleinere HO-Verkaufsstelle die Zentren der Lebensmittelversorgung. Die Konsum- und die HO-Verkaufsstelle wurden abgewickelt. Ein kleiner Ersatz war der später geöffnete, sogenannte Tante Emmaladen, Kaminski. Hier gab es die notwendigsten Lebensmittel und er lag mitten im Dorf. Die Bäckerei Raeck, ein Neubau mit Kaffee, hatte jahrelang den Bedarf an Backwaren abgesichert. Der große Lidlmarkt am Dorfende in Richtung Bad Freienwalde erweckte den Eindruck, auch Altranft ist bedeutsam. Die Bäckerei Raeck musste schließen. Jeder Discountlader backte Brötchen und führte alle gängigen Brotsorten. Der Discountladen Lidl hat geschlossen. Eine Neueröffnung wird aber erwartet. Altranft hat in seinem Umfeld keine Lebensmittelverkaufsstelle. Eine Notversorgung ist gegeben. Es kommt an verschiedenen Tagen ein Bäckerauto, ein Fleischerwagen, ein Fischauto und ein Gemüselieferant. Eine privater Gemüsebauer, Herr Korn, bietet seine Produkte mehrmals im Monat an. Für die immer älterwerdenden Dorfbewohner stellt diese Situation ein nicht zu lösendes Problem da. Mit der Schließung der Schule ist es noch ruhiger im Dorf geworden und nicht zum Vorteil unserer Gemeinde. Die Leistung unserer ehemaligen Schule ist bereits in einem Heft näher vorgestellt.

Eine gewisse Belebung brachte die Errichtung der Stephanuswerkstätten im Bereich des Gewerbegebietes. Das gilt auch für die beiden Wohngebäude der Stiftung in der Sonnenburger Straße.
In unserer Chronik wurde die große Bedeutung dieser Einrichtung leider nur unzureichend dargestellt. Es gilt nun eine zusammenfassende Darlegung zum Wirken dieser Einrichtung in einem extra Beitrag zu würdigen.

Nicht zufrieden kann man mit der Entwicklung des Freilichtmuseums in Altranft sein. Es fing alles sehr vielversprechend an und alles lief wie man sagt, planmäßig. Mit der Absicht möglichst viele alte Gebäude einen musealen Charakter zu zuerkennen war eine finanzielle wie personelle Überforderung. Weit mehr hätte aus dem Rohrhaus, sogenanntem Fischerhaus, gemacht werden können. Seit Bestehen dieses Fischerhauses lebten ständig 4 Familien darin. Ihre Lebensbedingungen gilt es darzustellen und zu dokumentieren. Vor allem der Hausrat und die Nutzung der schwarzen Küche auszustellen. Eine Wohnung mit den zur damaligen Zeit gebräuchlichsten Möbeln ist unbedingt notwendig, zu zeigen. Die damalige einzige Wasserquelle war die Dorfpumpe in der unmittelbaren Nähe des Fischerhauses. Auch diese Pumpe sowie ein Plumpsklo und ein kleiner Stall, hier lagerten die Bewohner des Fischerhauses Holz zum Heizen, kleine Arbeitsgeräte und einige hielten Hühner und Kaninchen darin, standen den Bewohnern zur Verfügung. Das gilt es wieder sichtbar und erlebbar zu machen.
Mit der Ankündigung von finanziellen Kürzungen, ja sogar die Einstellung der Finanzierung, ist der Fortbestand unseres Freilichtmuseums offen. Als einen großen Fehler sehe ich die mangelnde Zusammenarbeit der Museumsleitung mit anderen Vereinen der Gemeinde. Es gab gute Ansätze, die aber leider nicht von Dauer waren.

Vom Ortschronist KH Schwoch Feb.2015

Nachsatz: Das Weiterbestehen des Freilichtmuseums ist für die nächsten Jahre, bis 2020, gesichert.

 
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