31.12.2013   

Über die Jagdentwicklung in der Gemeinde Altranft

Autor: Karl - Heinz Schwoch

Die Entwicklung der Jagd in unserer Gemeinde verlief in den jeweiligen gesellschaftlichen Zeitabständen. Diese Zeitabstände teile ich in 3 Abschnitte ein.
Der Wald unserer Gemarkung und große Feldflächen waren im Besitz des Gutsbesitzers Herrn Eschenbach. Die Jagd wurde in dieser Zeit vom Förster Nimsch organisiert und durchgeführt. Bekannte Honoratioren, wie der Sanitätsrat Dr. Klopsch, Dr. Bengs, Rechtsanwalt Dr. Dehne, Oberförster Hübner, um nur einige zu nennen, waren oft Jagdgäste des Herrn Eschenbach.
Mit Kriegsende und der Besetzung unseres Dorfes durch die Rote Armee - später Sowjetarmee - gab es ab Mai 1945 keine Jagsaktivitäten. Erste Schüsse waren im Winter 1945 - 46 zu hören. Wir nahmen an, dass Offiziere der Roten Armee jagen.
Es zeigte sich auch 1946 deutlich heraus, dass besonders auf den Feldern durch Offiziere mittels Jeep und teilweise mit Armeewaffen, vorwiegend im Oderbruch, auf Rehwild geschossen wurde.
Es soll in der Übergangszeit auch einige "illigale" Jäger, sogenannte "Wilddiebe" gegeben haben. Einige sind noch heute bei den Jägern bekannt. Ich will sie nicht namentlich nennen. Zur Verantwortung gezogen wurde seitens der damaligen staatlichen Behörden niemand. Es ist ja auch wie man sagt "Geschichte", das aber nur nebenbai.
Die Jagderfolge der Offiziere waren wohl nicht sehr groß. Man entschloss sich, ehemalige Jäger der Region und andere ortskundige Dorfbewohner zu den sogenennten Jagden hinzuzuziehen.
Gewisse staatlich gelenkte Bemühungen, eine geordnete Jagd zu organisieren, bestanden. Es wurden Forstämter gebildet. Diese staatlichen Gremien sorgten für ein weidmännisches Jagen und auch für eine erste Kontrolle.
Mit Gründung der Deutschen Demokratischen Republik, Kürzel DDR, gab es erste gesetzliche Bestimmungen auch in Jagdwesen. Anfänglich war aber noch die damals bereits gebildete Gesellschaft für Sport und Tedchnik sogenannter Schirmherr. Sie stellten die Jagdwaffen und Munition zur Verfügung.
Es gab in der Zeit von 1949 bis etwa 1952 nicht sehr viele an einer Jagd interessierte Dorfbewohner. Ernst Schwoch, der damalige Vorsitzende der örtlichen LPG, und zwei weiteren LPG-Mitglieder waren die ersten neuen Jäger. Es gab aber auch noch die erfahrenen alten Jäger. Zu den erfahrenen älteren Jägern zählten die bereits genannten Dr. Klopsch, Dr. Bengs, Rechtsanwalt Dr. Dehne und nun schon einige Förster. Ab Anfang bis Mitte 1952 hatten sich einige Mitbewohner für das Jagdwesen interessiert und legten auch eine Jagdprüfung ab. Dazu zählten Erich Kolbe, Joachim Schmidt, Otto Kurth, Ernst-Rainer Schwoch, Werner Rode. Ähnlich, wie sich das Jagdwesen langsam entwickelte, kamen gesetzliche Regelungen seitens der Regierung auf die Jäger zu. Anfänglich waren sie Kollektivjäger. Das war ihre offizielle Bezeichnung. Ihr Waffenstützpunkt war in der Försterei Sonnenburg beim Förster Wolfgang Stiller eingerichtet. Förster Stiller war der für das Jagdrevier Altranft/Sonnenburg zuständige Jagdbeauftragte. Die Jäfer konnten 24 Stunden eine Waffe, meistens Schrotflinden, ausleihen. Die Rückgabe der Waffen und nicht verbrauchter Patronen wurde registriert. Dieses System war gelinde gesagt für die Jäger sehr beschwerlich. Es gab in den Folgejahren gewisse Lockerungen und Veränderungen, die aber immer noch nicht ausreichend waren, um eine zielgerichtete Jagd durchzuführen.
Immer häufiger war ein größerer Wildschaden auf den bestellten Ackerflächen festzustellen.

Der Jagdkönig wird geehrt Jagdpause

In den Jahren 1960 - 1970 konnten einige Jäger privat eine Jagdwaffe erwerben. Endlich konnte die Jagd nach Bedarf und Möglichkeiten des einzelnen Jägers organisiert werden. In einem größeren Maße ging die staatliche Einflussnahme zurück.
Die Jagdleiter waren mit einigen Vollmachten ausgestattet. In fast allen Jagdgemeinschaften herrschte ein kollektives Klima. Bei den Weidmännern war aber ein gro´ßer Ehrgeiz vorhanden, in den Fragen jagdgerechten Verhaltens, Einhaltung der Abschussquoten und Anderes. Ein Höhepunkt war stets die alljährliche Trophäenschau. Stolz und Ansehen eines Jägers wurden hier gewissermaßen ausgestellt.
Mit dem Ende der DDR war das Jagdgesetz der DDR nicht mehr gültig. Es wurde das Jagdgesetz der Bundesrepublik Deutschlands übernommen.
Im Deutschen Jagdschutzverband heißt es , die Jagdausübung und der Tierschutz sind keine Gegensätze. Die Ansprüche des Tierschutzes sind bereits in den allgemeinen Grundsätzen deutscher Waidgerechtigkeit enthalten.
Die Jagd wurde neu geregelt. Jagdgenossenschaften waren zu bilden. Jeder Landbesitzer oder Landpächter wurde automatisch Mitglied der Jagdgenossenschaft. Nach neuester Rechtssprechung kommen aber hier Veränderungen auf die Jagdpächter zu.
Es kam 1991 zur Bildung der Jagdgenossenschaft Altranft. Die Jagdgenossenschaft hatte sich am 26.04.1991 eine Satzung gegeben. Der damalige Geschäftsführer, Herr Klaus Rohloff, von der Agra-Genossenschaft Altranft, wurde Vorsitzender der Jagdgenossenschaft. Seine Aktivitäten in dieser Funktion waren aber begrenzt. Einige notwendige Aufgaben kamen nur schleppend voran. Herr Rohloff gab berufsbedingt seinen Wohnsitz in Altranft auf und somit auch die Funktion des Vorsitzenden der Jagdgenossenschaft ab. Neuer Vorsitzender der Jagdgenossenschaft wurde Herr Christof Nickel.
Die vorhandenen, in den Altranfter Grenzen gelegenen zu bejagenden Flächen wurden in vier Jagdgebiete aufgeteilt. Die 4 Jagdgebiete standen zur Verpachtung. Den Zuschlag zur Pachtung erhielten die Jäger Helmut Koppetsch, Joachim Schmidt, Bernd Fehlemelcher und Andreas Walter. Der Jagdpächter Helmut Koppetsch ist leider nach schwerer Krankheit im Sommer 2013 verstorben.
Die Pachtverträge waren über eine Laufzeit von 10 Jahren festgelegt. 2016 laufen diese Pachtverträge, nun bereits an dieselben Pächter mehrmals vergeben, aus. Unsere Jagdpächter haben auch einige Jäger, die mittels Begehungsschein, in Jagdrevieren nach Absprache mit dem Pächter, selbständig jagen. Es gibt eine Reihe befreundeter Jäger aus den anderen Bundesländern, die seit nunmehr 30 Jahren nach Altranft zur Jagd kommen.
Mitte 1990 kam das Jagdgebiet Sonnenburg zu unserer Jagdgenossenschaft hinzu.Dieses Jagdgebiet ist überwiegend bewaldet und somit ein sehr begehrtes Jagdgebiet. Der sogenannte Schießplatz ist ien eigenständiges privates Jagdrevier. Dieses Gelände des ehemaligen Schießplatzes und seine nähere Umgebung sind als ein Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es wird als eine Hutelandschaft naturschutzrechtlich geführt.

Jagdpause "Schüsseltreiben"

Nun zu der üblichen Jagdpraxis unserer Jagdpächter.
Ein Zitat von Otto v. Riesenthal.
Das ist des Jägers Ehrenschild, dass er hegt und schützt sein Wild, Weidmännisch jagd wie sichs gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.
Im absoluten Vordergrund der Jagd steht das weidmännische Verhalten. Die Hege und Pflege des Wildes spielt eine vordergründige Rolle. Kenntnisse über die heimische Tierwelt insbesondere der Wildtiere und der Natur ist ein Muss. Das jagdliche Brauchtum und die Traditionspflege haben sich sehr gefestigt.
In unseren Jagdrevieren sind Schwarzwild (Wildschweine), Rehe, Hirsche, Damwild - eher selten-, der Hase, das Kaninchen, Flugwild wie Gänse, Enten, Fasan als sogenanntes jagbares Wild vorhanden. Leider, so meine ich, zählt der Schwan auch dazu.
Raubwild ist in den Jagdrevieren unterschiedlich anzutreffen. Es sind der Fuchs, der Dachs, der Waschbär, der Biber, der Marderhund, der Mink, der Steinmarder. Sogenanntes Problemwild sind der Biber, der Eichehäher, die Krähe und die Wildschweine.
Das Rebhuhn ist bei uns gänzlich verschwunden. Hasen im Oderbruch zu sehen wird zur Glückssache. Eine größere Population haben die Wildschweine und die Füchse in unserem Jagdgebiet.
Eine Sau kann jährlich zwischen 8 bis 10 Frischlinge groß ziehen. Eine Wildsau hat zwar 10 Zitzen, davon geben auber nur 8 Zitzen Milch. Eine Füchsin - Fähe - hat durchschnittlich 7 Junge - Welpen-. Die Jungtiere dieser beiden Wildarten sind aber bereits im kommenden Jahr geschlechtsreif. Das Wildschwein, der Dachs, der Marderhund und der Fuchs haben in unserer Region eigentlich kaum natürliche Feinde. Hie muss der Jäger regulierend eingreifen.
Jader Jäger hat entsprechend den Jahreszeiten die festgelegten Schonzeiten für jede Wildart genau einzuhalten. Ganzjährlich dürfen Wildschweine, außer führende Bachen - Wildsauen mit Frischlingen - gejagd werden. Wie viele Wildtiere der einzelnen Arten erlegt werden können wird zentral für die Region festgelegt. Die Jäger haben darauf einen gewissen Einfluss. Ich will hierauf nicht näher eingehen. Statistische Erhebungen, Erfahungswerte und die Jagdreviere spielen hierbei eine gewisse Rolle.
Durch unsere Jäger werden 3 entscheidende Jagdpraktiken durchgeführt. Das ist die Ansitzjagd, sie ist die häufigste Einzeljagd, dann gibt es die Drückjagd und die Treibjagd. Die Drück- und Treibjagden werden meistens so organisiert, dass die Jäger der Nachbarreviere daran teilhaben. Treiber, meistens jagdinteressierte Bürger, werden gern gesehen.. Alle teilnehmenden Jäger und Treiber müssen aus Sicherheitsgründen eine Signalkleidung tragen. In der Regel ist das eine mit roten Streifen versehene Wetterjacke sowie eine Kopfbedeckung mit rotem Besatz. Traditionell wird bei großen Jagden ein Bett aus Tannen- und Kiefernzweigen angelegt. Das erlegte Wild wird dann nach einer gewissen Rangfolge auf dieses vorbereitete Bett gelegt. Eine Umrandung aus den genannten Zweigen wird nicht selten der Einfachheit halber gelegt. Diese Tätigkeit wird Strecke legen genannt. Es ist auch uralter Jagdbrauch, dem erlegten Tier ein Bruchzeichen, es ist ein belaubter oder Nadelzweig, im Äser (Maul des Wildes) zu stecken.
Hat der Jäger ein Stück Wild erlegt - gestreckt - so muss er es versorgen. Es wird gewöhnlich an Ort und Stelle ausgenommen - aufgebrochen -.
Es kommt vor, dass der Jäger auch mal ein Stück Wild weidwund schießt. In aller Regel wird das getroffene Tier flüchten. Der Jäger muss dann sofort mit der Nachsuche beginnen. Findet der Jäger das getroffene Tier nicht am selben Tag, geht die Nachsuche am nächsten Tag weiter. Jagdkollegen mit einem Spürhund (Schweißhund) werden gebeten, bei der Nachsuche zu helfen.
Für den Jäger gilt nun die Jagdbeute zu verladen und aubzutransportieren. Das ist bei einem großen Keiler oder Hirsch allein nicht zu machen. Er muss sich Helfer holen. Problemreich ist das im Jagdbereich Sonnenburg, hier gibt es selten Handyempfang.
Das erlegte Wild gehört dem Jagdpächter. Er hat die Möglichkeit, das Wild für sich zu behalten oder es an eine Wildsammelstelle zu verkaufen.
Es gibt seit einiger Zeit Schwierigkeiten das Wildbret zu verkaufen. Wild wird aus Ungarn, Bulgarien, Rumänien und der Slowakei auf dem heimischen Markt angeboten. Deutliche Preisunterschiede bis zu 50% pro Kilo sind keine Seltenheit. Es gibt aber auch beachtliche Qualitätsunterschiede. Eine kostendeckende Jagd ist nicht gegeben. Der Jäger kann seine jährlichen Kosten nur 10 bis 15% durch erlegtes Wild decken. Die Selbstvermarktung des Wildbrets ist für den Jäger sehr teuer. Er muss eine Kühlzelle haben oder bei einem benachbarten Jäger in dessen Kühlzelle das Wild vorübergehend einlagern. Ein Raum zur Wildzerlegung mit fleißendem Kalt- und Warmwasser muss vorhanden sein. Die Trichinenschau bei Wildschweinen durch einen Tierarzt ist gesetzlich vorgegeben.
Eine traditionelle Jagdausstattung der Jäger muss sein. Hohe Kosten müssen dafür aufgebracht werden. Der Jagdschein kostet ca. 1500,00 €, 2 Jagdwaffen sind das Minimum, eine Kugelwaffe mit Zilefernrohr und eine Schrotflinte, das Aufbruchbesteck und die Jagdkleidung können als unterste Grenze nochmals 2500,00 bis 3000,00 € veranschlagt werden. 130,00 € sind an die Berufsgenossenschaft zu zahlen, 23,00 € für di eVersicherung und 50,00 € für di ejährliche Jagdscheinverlängerung stehen zu Buche.
Einige Jäger halten sich einen Jagdhund. Bei uns sind der Teckel und der Deutsche Vorstehhund (DK) häufig anzutreffen. Ein Waffenschrank mit entsprechendem Sicherhaietsstandart muss vorhanden sein. Ohne ein gutes Fernglas geht ein Jäger nie auf die Pirsch. Nun muss der Jäger noch ein Fahrzeug unterhalten. Eine Fahrt zum Jagdrevier, um bestimmte Stellen zu besichtigen, ist ca. 45 km lang. Jeder Jäger ist fast täglich in seinem Jagdrevier unterwegs. Eine Jagdpacht kostet in der Jagdgenossenschaft Altranft/Sonnebnburg je nach gepachteter Hektarzahl durchschnittlich zwischen 800 bis 1000,00 €.
Der überwiegende Teil unserer Jäger sind innerhalb des Jagdverbandes gesellschaftlich tätig. Ihre Mitarbeit findet im Schützenverein, in der Jagdhornbläsergruppe, als MItglied des Vorstandes in der Jagdgenossenschaft statt. Seit Jahren erhalten die Feuerwehr und der KIndergarten des Ortes eine Spende durch die Jagdgenossenschaft vom erwirtschafteten Geld der Jäger.
Kommen mehrere Jäger zusammen, so begrüßen sie sich mit "Weidmanns Heil". Die Antwort ist "Weidmanns Dank". Vor und nach größeren Jagden werden Jagdsignale geblasen. Das Halali und das Horrido sind weitere Gruß- und Danksagungen. Diese Form der Danksagung findet auch im Gesang statt.
Das Schüsseltreben - ein vorbereitetes Essen - bildet oft den Abschluss einer Jagd und ist meistens für alle Jagdteilnehmer und Helfer ein Hightlight. Ein und den anderen Jägermeister lässt sich ein Jäger während des Schüssel-Treibens und auch noch danach schmecken.
Vor und während der Jagd ist das Trinken von alkoholischen Getränken strenstens untersagt.
Ein Horrido, ein Weidmannsheil wird gesungen. Das Glas wird stets in der linken Hand gehalten.
In den anstehenden Gesprächen wird gefachsimpelt, ausgewertet, gelobt, getadelt, auch viel Jägerlatein mischt sich dabei unter. Stolz sind alle Jäger, wenn sie ihre Trophäen - Geweihe und Gehörn von Rehen und Hirschen-, Waffen - Hauer-Eckzähne eines Keilers - präsentieren. Von Hirschen haben die Grandeln einen Wert. Sie werden oft zu Jägerschmuck verarbeitet.

Ich möchte nochmals mit diesen Aufzeichnungen klarstellen, dass die Jagd kein Hobby sondern eine sehr wichtige und notwendige Tätigkeit zur Pflege von Flora und Fauna ist.

Liebe Jagdfreunde, ich bitte um Nachsicht und Entschuldigung, wenn sie zu einigen Darlegungen eine andere Meinung oder Sichtweise haben.

Nachtrag:
Im Herbst 2014 wählte die Jagdgenossenschaft den Landwirt Reinfried Gellert zu ihrem Vorsitzenden.

Diese Zeilen sollen keinen jagdfachlichen Anspruch erheben.
Aufgeschrieben und überarbeitet nach sachkundigen Hinweisen von den Jagdpächtern Bernd Fehlemelcher und Joachim - Cäsar - Schmidt vom Ortschronisten KH Schwoch im Dezember 2013.

 
Auswertung des Jagdtages Abtransport des erlegten Wildes
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