Die Region zwischen der polnischen Stadt Mysliborz und Bad Freienwalde als Teil der Neumark hat eine lange gemeinsame geschichtliche Entwicklung hinter sich. Mehrzeitlich deutsch, in den letzten fast 60 Jahren deutsch – polnisch und zukünftig europäisch.
Besonders ereignisreich waren die Jahre zwischen 1939 und etwa 1955. Eine Zeit, die nicht nur durch den 2. Weltkrieg und den sich daraus ergebenden Veränderungen in Europa geprägt waren. Auf dem Gebiet des heutigen Polens gab es mehrere Verschiebungen der ehemaligen Wohnbevölkerung dieser Region. Zunächst flüchteten die deutschen Bewohner vor der vorrückenden Roten Armee, danach mussten die meisten verbliebenen deutschen Bewohner auf Drängen des jetzt polnischen Staates das Land verlassen, dann kamen die Bewohner der alten polnischen Ostregionen, die jetzt zur Sowjetunion gehörten, und besiedelten das Gebiet östlich der Oder. Viele der verbliebenen deutschstämmigen Polen der Region kamen später nach Deutschland.
Daraus ergab sich die geschichtlich wohl einmalige Situation, dass sich im Gebiet östlich der Oder mit deutscher Historie, mit deutscher Architektur, Infrastruktur, Kunstgeschichte usw. nicht nur polnische Bewohner ansiedelten, die „gleich von nebenan“ kamen, also eine ähnliche kulturelle Vergangenheit hatten, nein, die neuen Bewohner dieser Region stammten aus dem östlichen Polen aus einen völlig anderem Kulturkreis.
Die ehemaligen deutschen Bewohner des neuen Westpolens blieben meistens nicht unmittelbar hinter der neuen Oder-Neiße-Grenze, sondern zogen weiter nach Westen. Das hatte zur Folge, dass an der Grenzlinie jetzt Deutsche wohnten, die zuvor noch nie polnische Nachbarn hatten, sich also noch nicht einmal mit der alten westpolnischen Kultur auskannten.
Vor diesem Hintergrund war die Oder-Neiße-Grenze viele Jahre lang für die beiderseitige Bevölkerung nicht nur eine politisch gewollte fast undurchdringliche Grenze, sie war und ist vor allem eine Grenze in den Köpfen der Menschen, verstärkt durch das fast völlige Fehlen der notwendigen Sprachkompetenzen für die jeweils andere Sprache.
Dieser bevölkerungsgeschichtliche Hintergrund hindert die Menschen beiderseits der Oder nach wie vor eklatant daran, die positiven Gemeinsamkeiten der kulturlandschaftlichen Verflechtung der Region beiderseits der Oder in die gemeinsamen Hände zu nehmen und für die positive Entwicklung der neuen Euroregion zu nutzen.
Um dieses Ziel der europäischen Entwicklung voranzutreiben, ist es notwendig, die geschichtlichen Entwicklungen für die Menschen beiderseits der Oder als Tatsachen und Chance deutlich werden zu lassen, deren Nachteile durchaus zu benennen, aber vordergründig die vielen vorhandenen Vorteile aufzuzeigen und nutzbar zu machen.
1. Das Projekt
1.1 Zielstellung
Anhand von zwei Schwerpunkten – „Berufliche Herausforderung für die Jugend“ und „Tourismusangebote im Netz der Gemeinsamkeiten“ – wird in zwei Workshops an diesen beiden konkreten Beispielen gezeigt, dass grenzüberschreitende Regionen vielfältige Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung und der Herausbildung der eigenen Persönlichkeit in sich bergen. Es kommt darauf an, diese Chancen mutig zu nutzen.
Durch das deutsch-polnische Gespräch von jungen Menschen beiderseits der Oder und von Entscheidungsträgern aus dieser Region werden gegenseitige Vorurteile weiter abgebaut, Verständnis wird entwickelt. Es entstehen Zielstellungen für eine zukünftige gemeinsame Arbeit an der Entwicklung der Region.
Für die nicht unmittelbar Beteiligten entsteht das Bild der Zusammenarbeit, des zusammen Lernens und Lebens über die Oder hinweg. Dieser Gedanke wird unterstützt durch die Eingliederung der Workshops in das deutsch-polnische Erntefest in Bad Freienwalde/Altranft. Hier wird im Rahmenprogramm die gemeinsame kulturelle Geschichte und Zukunft für alle deutlich. Es wird aber auch gezeigt, dass Unterschiede nichts Trennendes sind sondern das eigene Leben vielfältig bereichern, wenn man diese Unterschiede anerkennt und achtet.
Interkulturelle Kompetenz entsteht niemals durch theoretische Vermittlung, sie entwickelt sich in und durch das gemeinsame Lernen, Arbeiten, Feiern, Sporttreiben, Leben ...
1.2 Workshop 1: Die wirtschaftliche Entwicklung des Verflechtungsraumes – berufliche Chance
Es diskutieren zu diesem Thema Schüler und Entscheidungsträger der beruflichen Bildung (deutsche und polnische Gymnasiasten, Berufsschüler, IHK, Arbeitsamt, Bildungsministerium, Arbeitsministerium usw.) mit der Zielstellung aufzuzeigen
- welche Chancen für das Berufsleben sich im Verflechtungsraum ergeben
- welche Anforderungen sich für die einzelne Persönlichkeit daraus ableiten
- welche Wege es zur Lösung der Probleme gibt
- wie die Zukunft in 20 Jahren aussehen wird
- wie man sich in grenzüberschreitenden Projekten aktiv auf ein Berufsleben beiderseits der Oder vorbereiten kann
1.3 Workshop 2: Vernetzung touristischer Angebote über die Oder hinweg
Es diskutieren zu diesem Thema Vertreter von Tourismusanbietern und Entscheidungsträgern aus der Landes- und Kommunalpolitik mit der Zielstellung aufzuzeigen
- welche gemeinsam zu vermarktenden historischen, kulturellen, ökologischen Gemeinsamkeiten in der Region „schlummern“
- welche Unterschiede die gemeinsame Region für die Bewohner aber besonders für Touristen aus anderen Regionen interessant machen
- warum eine gemeinsame Vermarktungsplattform für den gesamten Verflechtungsraum Vorteile für alle bringt
- wie so eine Vermarktungsplattform funktionieren kann
1.4 Rahmenprogramm
Das Rahmenprogramm dient den Teilnehmern der Workshops und den Gästen des Erntefestes als Motivation für Gespräche und zur Unterhaltung und damit zur unbewussten Beschäftigung mit einem Aspekt des Verflechtungsraumes. Es ist vorgesehen
- Auftritt eines deutschen und eines polnischen Orchesters
- Auftritt von Laienkulturgruppen beiderseits der Oder
- deutsch-polnisches Buffet
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Der Workshop am 26. September 2004 von 10.00 bis 12.00 Uhr sollte eigentlich dazu dienen, die Ergebnisse der Befragungen in die jeweils andere Sprache zu übersetzen und in das Internet zu bringen. Dazu kam es aber nicht so richtig. Denn es kamen nicht wie vorgesehen so ungefähr 30 bis 40 Schüler aus den Gymnasien Bad Freienwalde und Chojna sowie der Berufsschule Myślibórz sondern rund 100. Und damit war die Kapazität der Räume und Computer weit überschritten.
Also musste improvisiert werden. Aber auch das gelang sehr gut.
Nachdem sich alle Teilnehmer in die Listen eingetragen hatten, wurde in drei Gruppen weiter an dem Rohmaterial gearbeitet. Und alle verständigten sich, wie und wann die nächste Arbeit organisiert werden kann. Es wurden Übersetzungen verabredet und die Weiterarbeit am Internet.
So war schnell klar, dass die neue Partnerschaft diese erste Bewährungsprobe bestanden hat, und dass das Projekt erfolgreich beendet werden wird
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